Oft sind es die Mütter, die für längere Zeit Elterngeld beantragen. Sind sie vor der Geburt in der für das Elterngeld ungünstigen Steuerklasse 5, sollten sie nach Bekanntwerden der Schwangerschaft möglichst schnell in die Steuerklasse 3 wechseln. Doch auch Frauen, die mit dem Wechsel spät dran sind, können ihre finanzielle Situation noch verbessern. test.de erläutert die legalen Tricks zum Elterngeld-Antrag.
Steuerklasse vor der Geburt beeinflusst Elterngeld
Eine günstige Steuerklasse vor der Geburt (Steuerklasse 3) erhöht das Nettogehalt und damit auch das Elterngeld nach der Geburt. Soweit der Grundsatz. Um aber nach der Geburt wirklich optimales Elterngeld nach Steuerklasse 3 zu erhalten, ist es wichtig zu wissen, wie die Elterngeldstelle früher gerechnet hat und heute rechnet.
Frühere Rechnung. Früher ging die Elterngeldbehörde (vereinfacht dargestellt) so vor: aus den zwölf ausgezahlten Nettogehältern vor der Geburt errechnete die Behörde den Durchschnittslohn und zahlte davon 67 Prozent als Elterngeld.
Beispiel: Zwei Steuerklassen. War eine Mutter in dem Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt (im Jura-Deutsch: „Bemessungszeitraum“) die ersten zehn Monate in Steuerklasse 5 und die letzten beiden Monate in Steuerklasse 3, flossen einfach zehn Nettogehälter nach Steuerklasse 5 und zwei Nettogehälter nach Steuerklasse 3 in die Durchschnittsberechnung mit ein.
Seit 2013 rechnen die Elterngeldstellen so aber nicht mehr. Nun errechnet die Behörde das Elterngeld nur noch auf Basis einer einzigen Steuerklasse, auch dann wenn die Person tatsächlich während des Bemessungszeitraum die Steuerklasse mehrmals gewechselt hat. Jetzt gilt der Grundsatz: Die im Bemessungszeitraum „überwiegende“ Steuerklasse wird zur Berechnung des vorgeburtlichen Durchschnitts-Nettogehalts herangezogen.
Im oben genannten Beispiel ist es einfach, zu bestimmen, welche Steuerklasse überwiegt: Zehn Monate in Steuerklasse 5 stehen nur zwei Monate in Steuerklasse 2 gegenüber. Die Folge: Die Elterngeldstelle nimmt die „überwiegende“ Steuerklasse 5 des Antragstellers, errechnet damit für alle zwölf Monate des Bemessungszeitraums (nicht nur für zehn Monate!) das durchschnittliche Nettogehalt und zahlt davon 65 Prozent als Elterngeld aus.
Sonderfälle
Drei Steuerklassen. Manchmal sind werdende Mütter oder Väter vor der Geburt (etwa wegen einer Hochzeit) sogar in drei Steuerklassen.
Beispiel: Eine Frau ist erst vier Monate lang in Steuerklasse 1, dann heiratet sie und ist für fünf Monate in Steuerklasse 4, schließlich wechselt sie für die letzten drei Monate vor Beginn des Mutterschutzes in Steuerklasse 3.
Ergebnis: Die Elterngeldstelle zahlt Elterngeld auf Basis der „überwiegenden“ Steuerklasse 4 aus.
Gleichstand. Was gilt nun aber, wenn jemand Elterngeld beantragt und im Bemessungszeitraum genau sechs Monate in Steuerklasse 5 und sechs Monate in Steuerklasse 3 war?
Dann ist die Steuerklasse maßgeblich, die im letzten Monat des Bemessungszeitraums auf der Lohnbescheinigung stand (sozusagen die „jüngste“ Steuerklasse). Das ergibt sich Paragraf 2c Absatz 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).
Wechselantrag sieben Monate vor Beginn des Mutterschutz
Für Arbeitnehmerinnen gilt die Grundregel: Der Antrag auf den Wechsel in die Steuerklasse 3 muss spätestens sieben Monate vor dem Monat gestellt werden, in dem der Mutterschutz beginnt. Diese Regel ist die logische Folge aus Paragraf 2c Absatz 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz. Dort heißt es, dass die Steuerklasse für die Elterngeldberechnung maßgeblich ist, die im letzten Monat des Bemessungszeitraums auf der Gehaltsbescheinigung stand.
Regel. Bemessungszeitraum ist bei Arbeitnehmerinnen der Zwölfmonatszeitraum vor dem ersten Mutterschutzmonat. Die Zeit des Mutterschutzes zählt in der Regel nicht zum Bemessungszeitraum, weil Arbeitnehmerinnen in dieser Zeit keinen Arbeitslohn beziehen. Stand vor dem Mutterschutz die Steuerklasse 3 auf dem Lohnzettel der Arbeitnehmerin, ist diese Klasse 3 also grundsätzlich für die Elterngeldberechnung maßgeblich.
Ausnahme. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Elternteil im Bemessungszeitraum in mehreren Steuerklassen war und eine andere als die aktuelle Steuerklasse im Bemessungszeitraum überwog, also öfter auf den Lohnzetteln stand.
Beispiel 1: Sechs Monate in Steuerklasse 3 reichen
Ist der vom Arzt errechnete Geburtstermin der 20. Dezember 2022, beginnt der sechswöchige Mutterschutz am 9. November 2022. Spätestens ab Mai 2022 muss die werdende Mutter in der Steuerklasse 3 sein, um beim Elterngeld von dieser Steuerklasse profitieren zu können. Da ein Antrag auf einen Steuerklassenwechsel immer erst im darauffolgenden Monat wirkt, muss die Frau den Wechsel beim Finanzamt also im April 2022 stellen.
Vor Mutterschutz sechs Gehälter nach Steuerklasse 3. Schafft sie den Wechsel rechtzeitig, ist sie tatsächlich zwar nur in den sechs Monaten vor Beginn des Mutterschutzes in der Steuerklasse 3 – von Mai 2022 bis zum Oktober 2022 (letzter Monat mit vollem Gehalt). Das reicht aber. Die Elterngeldstelle behandelt die Frau dann so, als sei sie während der relevanten zwölf Monate vor der Geburt („Bemessungszeitraum“) in der Steuerklasse 3 gewesen. Auf Basis dieses fiktiven Nettogehalts errechnet die Behörde dann das Elterngeld.
Keine andere Steuerklasse überwiegt. Zwar war die Schwangere in den ersten sechs Monaten ihres Bemessungszeitraums in Steuerklasse 5. Sechs Monaten in Steuerklasse 5 stehen also sechs Monate in Steuerklasse 3 gegenüber. Fürs Elterngeld maßgeblich ist in einem solchen Fall des „Gleichstands“ aber die aktuelle Steuerklasse, in unserem Beispiel also Steuerklasse 3. Steuerklasse 5 wäre nur dann maßgeblich, wenn diese Steuerklasse im Bemessungszeitraum der Schwangeren überwogen, also auf mindestens sieben Monatslohnzetteln gestanden hätte.
Tipp: Nach der Geburt können die Eltern sofort wieder in die für sie unter normalen Umständen günstigste Steuerklassenkombinationen zurückkehren. Diese Änderung hat weder positive noch negative Auswirkungen auf das ausgezahlte Elterngeld.
Das ist auch wichtig für Väter, die etwa für den Lebensmonat 13 und 14 ihres Kindes Elterngeld beantragen wollen. Mit einem Steuerklassenwechsel nach der Geburt ihres Kindes können sie das Elterngeld nicht mehr beeinflussen. Die Elterngeldstelle errechnet ihr Elterngeld immer auf Basis des vorgeburtlichen Nettlohns und der maßgeblichen vorgeburtlichen Steuerklasse.
Trick bei zu spätem Steuerklassenwechsel
Manchmal gelingt der Steuerklassenwechsel nicht schnell genug. Dann wird eine Frau vor Beginn des Mutterschutzes nur auf fünf volle Gehälter nach Steuerklasse 3 kommen. Das reicht in vielen Fällen nicht. Hier hilft aber ein Trick, den wir anhand von Beispiel 2 illustrieren.
Beispiel 2: Mutterschutz einrechnen
Eine Arbeitnehmerin erwartet am 30. November 2022 ihr Kind. Der Mutterschutz beginnt am 19. Oktober 2022. Im April 2022 erfährt die Frau von der Möglichkeit, durch einen Wechsel in Steuerklasse 3 ihr Elterngeld zu erhöhen. Schafft sie es noch, im April 2022 den Steuerklassenwechsel zu beantragen, kommt sie aber vor Beginn ihres Mutterschutzes nur auf fünf Gehälter in Steuerklasse 3 (Mai 2022 bis September 2022). Das ist eigentlich zu wenig. Aber es gibt eine Rettungsmöglichkeit.
Verzicht auf Ausklammerung. Mit der jüngsten Elterngeld-Reform hat der Gesetzgeber es (wieder) möglich gemacht, rechnerisch gegenüber der Elterngeldstelle auf die „Ausklammerung“ des ersten Mutterschutzmonats zu verzichten. War die Arbeitnehmerin aus Beispiel 2 fünf Monate in Klasse 3 und verzichtet sie dann im Elterngeldantrag auf die Ausklammerung des Monats Oktober 2022, wird das Steuerklasse-3-Gehalt vom Oktober 2022 Teil des Bemessungszeitraums.
Aus fünf mach sechs. Zwar fließt der Oktober nur mit einem Teilgehalt in die Elterngeldberechnung ein (Lohn 1. bis 18. Oktober 2022, ab 19. Oktober ist die Frau im Mutterschutz). Diesen Nachteil macht aber meist der Vorteil wett, dass das Elterngeld dann auf Basis von Lohnsteuerklasse 3 berechnet wird.
Wichtig: Der Verzicht auf die Ausklammerung des Mutterschutzmonats, wie in unserem Beispiel geschildert, geschieht nur rechnerisch gegenüber der Elterngeldstelle. Die Frau geht normal zum 19. Oktober 2022 in Mutterschutz. Dieser Trick steht nur Arbeitnehmerinnen offen, deren Kind ab September 2021 geboren wurde/wird. Erst seither greift die jüngst verabschiedete Elterngeld-Reform.
Geburtsmonat zählt nicht. Wahrscheinlich werden einige Arbeitnehmerinnen, die vor Beginn des Mutterschutzes sogar nur auf vier Monate in Steuerklasse 3 gekommen sind, darüber nachdenken, auch auf die Ausklammerung des zweiten Mutterschutzmonats zu verzichten, um so auf sechs Monate in Steuerklasse 3 im Bemessungszeitraum zu kommen. Dieser Weg führt aber leider nicht zum Ziel. Denn der Geburtsmonat selbst (in Beispiel 2: der November 2022) kann nie Teil des Bemessungszeitraums werden. Ferner zählen Monate ganz ohne Arbeitslohn bei der „Welche Steuerklasse war im Bemessungszeitraum überwiegend?“-Berechnung nie mit.
Alternative zum Ausklammerungs-Verzicht: Weiterarbeiten
Wie in Beispiel 2 erläutert, hat der Verzicht auf die Ausklammerung des ersten Mutterschutzmonats den Vorteil, dass die Arbeitnehmerin in Beispiel 2 Elterngeld nach Steuerklasse 3 erhält, aber den Nachteil, dass der erste Mutterschutzmonat nur als Teilgehalt in die Errechnung des vorgeburtlichen Arbeitslohns einfließt. Das senkt natürlich den Durchschnitt. Arbeitnehmerinnen, die das nicht verhindern wollen, können so vorgehen:
Beispiel 3: Mutterschutz freiwillig verkürzen
Eine Arbeitnehmerin erwartet am 4. Dezember 2022 ihr Kind. Der Mutterschutz beginnt am 24. Oktober 2022. Den Steuerklassenwechsel müsste sie spätestens im Monat März gestellt haben, damit sie auf sechs volle Gehälter in Steuerklasse 3 kommt (April 2022 bis September 2022). Das kann aber eigentlich kaum klappen, denn der rechnerische Befruchtungstermin war der 16. März 2022. Wahrscheinlicher ist, dass ihre Schwangerschaft im April 2022 ärztlich festgestellt wird. Wenn sie im April 2021 noch schnell zum Finanzamt geht, hat sie die Steuerklasse ab Mai 2022 auf dem Lohnzettel.
Schriftliche Erklärung. Das ist eigentlich zu spät. Doch es hilft folgender Trick: Nach Paragraf 3 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes dürfen werdende Mütter freiwillig ganz oder teilweise auf die sechs Wochen Mutterschutz vor der Geburt verzichten. Das haben Frauen auch in der Vergangenheit schon gemacht, etwa wenn sie vor der Geburt noch ein wichtiges Projekt im Job zu Ende bringen wollten. Gegenüber dem Arbeitgeber müssen sie dafür vor Beginn des Mutterschutzes schriftlich erklären, auf wie viele Tage Mutterschutz sie verzichten wollen.
Monat gewonnen. Wenn die Arbeitnehmerin aus unserem Beispiel nun vom 24. Oktober 2022 bis mindestens einschließlich dem 31. Oktober 2022 weiterarbeitet und insoweit auf ihren vorgeburtlichen Mutterschutz verzichtet, wird der Monat Oktober 2022 Teil des für ihre Elterngeldberechnung relevanten zwölfmonatigen Lohnzeitraums (Bemessungszeitraum November 2021 bis Oktober 2022).
Sechs gewinnt. Damit erreicht sie, dass sie in den sechs Kalendermonaten vor Beginn ihres Mutterschutzes in Steuerklasse 3 ist (Juni 2022 bis November 2022). Das ist das Minimum, um ein Elterngeld auf Basis von Steuerklasse 3 zu erreichen. Die Steuerklasse 3 wird dann von der Elterngeldstelle für die Elterngeldberechnung herangezogen, da im gesamten zwölfmonatigen Bemessungszeitraum keine andere Steuerklasse überwiegt (§ 2c Absatz 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz).
Alternative zum Weiterarbeiten: Resturlaub nehmen
Der in Beispiel 3 dargestellte Trick wird natürlich nicht jeder Schwangeren gefallen. Viele werden sich auf ihren Mutterschutz freuen und auch nicht auf nur wenige Tage Mutterschutz verzichten wollen. Manchmal ist das aus gesundheitlichen Gründen auch gar nicht zu empfehlen. Auch für diese Frauen gibt es eine Lösung, die den Vorteil aus Beispiel 3 (Elterngeld auf Basis von Steuerklasse 3, volles Gehalt für Elterngeldberechnung) mit dem persönlichen Interesse der Frau (pünktlich zum Mutterschutz in Jobpause gehen) kombiniert. Das veranschaulicht das folgende Beispiel.
Beispiel 4: Mutterschutz-Verzicht und Urlaub
Erklärung. Die Frau aus Beispiel 3 erklärt gegenüber ihrem Arbeitgeber, dass sie vom 24. Oktober 2022 bis einschließlich 31. Oktober 2022 auf Mutterschutz verzichtet. Gleichzeitig nimmt sie für diesen Zeitraum Urlaub. Eine Vollzeitkraft kostet das fünf Urlaubstage.
Verschiebung. Rechtlich hat das den gleichen Effekt wie die Weiterarbeit nach Beispiel 2: Der zwölfmonatige Bemessungszeitraum fürs Elterngeld verschiebt sich um einen Monat, der Monat Oktober 2022 wird mit einem vollen Gehalt Teil des Bemessungszeitraums.
Erhöhung. Damit hat die Frau das Minimum von sechs Kalendermonaten in Steuerklasse 3 vor Beginn des Mutterschutzes erreicht und bekommt das erhöhte Elterngeld.
Tipp: Bevor eine werdende Mutter diesen Weg geht, muss natürlich jedes Paar für sich durchrechnen, ob das Minus durch die verlorenen Urlaubstage durch das Plus beim Elterngeld übertroffen wird. Wenn es nur um ein paar Tage Mutterschutz geht, wird sich der Trick „Verzicht auf Mutterschutz plus Urlaub“ aber oft lohnen.
Wichtig: Damit dieser Trick am Ende auch Erfolg hat, sollten Betroffene ihrem Arbeitgeber das Motiv ihres Vorgehens erläutern. Denn auf den ersten Blick klingt es ja absurd: auf Mutterschutz zu verzichten und für den betroffenen Zeitraum dann gleich Urlaub zu beantragen. Kennt der Arbeitgeber die Beweggründe der werdenden Mutter, wird er in der Regel nichts dagegen haben. Immerhin „spart“ er ja Urlaubstage.
Rechtzeitig abgeben. Damit der Arbeitgeber frühzeitig planen kann, sollten Arbeitnehmerinnen Verzichtserklärung und Urlaubsantrag nicht erst kurz vor knapp abgeben. Auch die Krankenkasse sollte rechtzeitig informiert werden.
Praktisch erprobt. Von Lesern haben wir die Rückmeldung bekommen, dass der Trick „Verzicht auf Mutterschutz gegenüber Arbeitgeber plus Urlaub“ geklappt hat, sie also auf diesem Weg die günstige Steuerklasse 3 als Basis für ihr Elterngeld erreicht haben.
Sonderfall: Hochzeit im Bemessungszeitraum
test.de erreichen regelmäßig Leserzuschriften mit der Frage, ob sich die Steuerklasse auch rückwirkend ändern lässt. Nein, das geht nicht.
Mit einer Ausnahme: Wer im Bemessungszeitraum geheiratet hat, kann anlässlich der Heirat einen Steuerklassenwechsel beantragen und darin eine Rückwirkung „ab dem Monat der Heirat“ beantragen. Im aktuellen Formular zum Steuerklassenwechsel muss dafür die Nummer 19 angekreuzt werden. Dazu folgendes Beispiel:
Beispiel 5: Steuerklasse rückwirkend wechseln
Eine Arbeitnehmerin hat im Februar 2022 geheiratet. Für den 10. Oktober 2022 erwartet sie ein Kind. Am 29. August 2022 beginnt ihr Mutterschutz. Sie muss wenigstens von Februar 2022 bis Juli 2022 in Steuerklasse 3 gewesen sein, um auch Elterngeld auf Basis von der günstigen Steuerklasse 3 zu bekommen. Sie erfährt von der Möglichkeit, das Elterngeld durch einen geschickten Steuerklassenwechsel zu optimieren, aber erst im April 2022. Sofort stellt sie einen Antrag auf Wechsel in Steuerklasse 3. Normalerweise würde dieser Antrag dann ab Mai 2022 Wirkung zeigen. Damit käme sie nur auf drei Monate in Steuerklasse 3 – zu wenig.
Aus drei mach sechs. Beantragt sie mit dem Wechsel in Klasse 3 beim Finanzamt aber eine Rückwirkung ab dem Monat der Heirat, kommt sie insgesamt auf sechs Monate in Steuerklasse 3 (Februar 2022 bis Juli 2022).
Neue Lohnzettel. Zwar hat die Arbeitnehmerin für die Monate Februar 2022 bis April 2022 zunächst Gehalt und Lohnzettel auf Basis von Steuerklasse 4 bekommen (mit der Heirat ist die Frau automatisch von Steuerklasse 1 in Steuerklasse 4 gewandert), aber mit ihrem Antrag auf den (rückwirkenden) Steuerklassenwechsel muss der Arbeitgeber den Nettolohn dieser Monate neu berechnen und auch neue Lohnzettel aushändigen, auf denen die Steuerklasse 3 steht. Nur diese Gehaltsbescheinigungen muss die Arbeitnehmerin später auch beim Elterngeldantrag einreichen.
Regeln für Beamtinnen, Soldatinnen und Väter
Da Beamtinnen und Soldatinnen kein Mutterschaftsgeld bekommen, sondern bis zur Geburt volle Bezüge erhalten, gelten für sie andere Regeln. Bei ihnen muss der Antrag auf Wechsel in die Steuerklasse 3 sieben Kalendermonate vor dem tatsächlichen Geburtsmonat gestellt werden. Beamtinnen und Soldatinnen haben somit nach Bekanntwerden der Schwangerschaft in der Regel mehr Zeit für den Antrag.
Beispiel 6: Antrag lieber nicht zu spät stellen
Die Frau aus Beispiel 3 ist keine Arbeitnehmerin, sondern Beamtin. Das Kind kommt wie prognostiziert am 4. Dezember 2022 zur Welt. Es reicht, wenn sie den Steuerklassenwechsel im Mai 2022 beantragt. Auf Mutterschutz muss sie dafür nicht verzichten, denn anders als Arbeitnehmerinnen bekommen Beamtinnen bis zur Geburt normales Gehalt.
Frühere Geburt einkalkulieren. Alle zwölf Monate bis zur Geburt, mit Ausnahme des Geburtsmonats selbst, sind Teil des Bemessungszeitraums. Ratsam ist es für die Beamtin aber dennoch, den Antrag bereits im April zu stellen. Denn kommt das Kind früher als prognostiziert zur Welt, etwa schon im November 2022, müsste der Antrag auf Steuerklassenwechsel beim Finanzamt im April 2022 gestellt worden sein.
Wenn Vater und Mutter zusammen Elterngeld beantragen
In der Praxis sind es häufig die Mütter, die für zwölf Monate Elterngeld beantragen. Die Väter nehmen in vielen Fällen nur die zwei sogenannten Partnermonate (So beantragen Sie Elterngeld). In dieser „klassischen“ Situation fährt das Ehepaar meist am besten, wenn die Frau in die Steuerklasse 3 wechselt und der Ehemann in der Steuerklasse 5 geht.
Antragsfrist für Väter. Beantragt indes der Ehemann mehr Elterngeldmonate als die Mutter, ist es genau andersherum. Da Männer nicht in Mutterschutz gehen, gilt für sie die Antragsfrist wie bei den Beamtinnen und Soldatinnen.
Tipp: Teilt sich ein Paar die Elterngeldmonate zu gleichen Teilen auf, sollte es vor einem Steuerklassenwechsel genau nachrechnen, welche Steuerklassen-Kombination vor der Geburt am meisten Elterngeld bringt. Ein Nettolohnrechner und der Elterngeldrechner des Familienministeriums sind dabei eine gute Hilfe.
Sonderfall: Selbstständige und Angestellte mit Nebenjob
Wechseln verheiratete Selbstständige erst mit Bekanntwerden der Schwangerschaft die Steuerklasse, hat das für sie keine positiven Auswirkungen auf die Elterngeldhöhe. Denn bei ihnen zählt nicht das Einkommen aus dem Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt als Grundlage für die Elterngeldberechnung, sondern in der Regel das Einkommen (sprich: der Gewinn) aus dem letzten abgeschlossenen Kalenderjahr vor dem Geburtsjahr.
Beispiel: Bringt eine Selbstständige ihr Kind im Dezember 2022 zur Welt, zählt der Gewinn des Kalenderjahres 2021 als Berechnungsgrundlage. Ein Steuerklassenwechsel im Frühjahr 2022 bringt dieser Frau folglich gar nichts mehr, denn er wirkt sich nicht rückwirkend auf das Jahr 2021 aus (mehr zum Thema Elterngeld für Selbstständige in unserem Special Elterngeld: Anspruch, Dauer, Höhe, Berechnung).
Mischeinkünfte. Angestellte, die nebenher selbstständig arbeiten (und damit sogenannte „Mischeinkünfte“ haben), werden hier wie Selbstständige behandelt. Das heißt: Auch bei ihnen zählt fürs Elterngeld in der Regel das Einkommen aus dem Kalenderjahr vor dem Geburtsjahr und nicht der Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt. Das gilt, wenn sie wenigstens einen Euro Umsatz mit diesem Nebenjob entweder im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt oder im Kalenderjahr vor dem Geburtsjahr gemacht haben. Auch diese Eltern erreichen daher mit einem Steuerklassenwechsel ab Schwangerschaft keinen Elterngeld-Vorteil mehr.
Geringe Nebeneinkünfte aus Selbstständigkeit: Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit Einkünften aus einer selbstständigen Tätigkeit können für Geburten ab September 2022 beantragen, dass ihr Elterngeld allein aus dem Arbeitslohn der zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt berechnet wird.
Das geht allerdings nur, wenn ihre Einkünfte aus der selbstständigen Nebentätigkeit im Kalenderjahr vor dem Geburtsjahr und im Geburtsjahr selbst (bis zum Monat der Geburt) im Durchschnitt weniger als 35 Euro pro Kalendermonat betrugen. Diese (sicherlich nicht sehr große) Personengruppe kann mit einem vorgeburtlichen Steuerklassenwechsel das Elterngeld erhöhen.
Gut für Ehrenamtliche: Eine Übungsleiterpauschale zählt nicht als Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit. Das Elterngeld einer Angestellten, die in ihrer Freizeit im Sportverein als Übungsleiterin hilft, wird also (nur) auf Basis ihres Angestelltengehalts im Zwölfmonatszeitraum vor ihrem Mutterschutz errechnet. Mit einem schnellen Steuerklassenwechsel ab Schwangerschaft kann sie ihr Elterngeld optimieren.
Tipp: Noch mehr geldwerte Steuertipps finden Sie im Finanztest Spezial Steuern.